Anlage W zu 22 (Seite 1)
Berlin April 28ten 1812
ad No.22 Liebe Mutter
Sehr oft habe ich wärend meiner Trennung von Ihnen mit herz- / licher Rührung an Sie gedacht und auch mehrere Briefe an / Sie geschrieben, die Sie vielleicht nicht erhalten haben: we= / nigstens muß ich dies befürchten, weil ich nie die Freude / hatte einen Brief von Ihnen oder meinem Bruder zu sehen; / der letzte Brief den ich erhielt war von Diedrich Schlüter / vom 15. Febr. dieses Jahres. Ich muß daher, in dem Falle dass / Sie meine Briefe nicht erhalten hätten, meine Bitte um / etwas Geld zur Unterstützung wiederhohlen, welche einem / Soldaten jetzt so notwendig ist zu mancherley Bedarfnießen / indem bloß dafür gesorgt wird daß der Soldat nicht verhun / gert. Jetzt befinde ich mich in Berlin, einer sehr groszen / und schönen Stadt: doch habe ich gehört daß ich mit unserm / Regimente dieser Tage aufbrechen müste, um weiter gegen / Rußland zu marschiren. Ich wollte auch von unserm Regimente / einen Schein lösen, dass ich schon Soldat wäre, und Ihnen diesen / Schein überschicken, damit er meinen Bruder vielleicht von / der Konskription frey machen könnte: doch unser Major / und Cololel sind jetzt durch den bevorstehenden Marsch zu sehr / beschäftigt, als daß sie mir jetzt den Schein aus fertigen könnten. / Indessen wird dies sicherlich an dem nächsten Orte geschehen, wo / wir wieder liegen bleiben: welches aber dieser Ort sein wird, / weis ich nicht. Wenn Sie oder mein Bruder daher auf diesen Brief / an mich zurückschreiben, so muß Ihr Brief am schnellsten und / sichersten an mich gelangen, wenn er folgende Aufschrift hat: / An Heinrich Jurgens, Genadier im 1 Bataillon des 128ten Linien Re(giments)
Ich habe auch hier in Berlin unsers Nachbars Sohn Reumar Black / angetroffen, oft mit ihm gesprochen und viele Neuigkeiten au(s) / unserer Gegend von ihm erfahren. Ich befinde mich jetzt Gott / sey Dank recht wohl und gesund, und wünsche daß dies auch bei Ih(nen)
und meinen Brüdern der Fall sein möge, und daß wir alle uns / ebenfalls gesund und munter wiedersehen können. Grüßen S(ie) / Schlüters ganze Familie und alle meine Freunde recht herzlich (von) / mir und sein Sie versichert, daß ich immer bleiben werde
Ihr
dankbarer Sohn
Heinrich Jurgens
N.S.
Wir gehen von Berlin auf Marien= / werder an der Weichsel.
Besitzer des Originals bzw. der Vorlage | STAOL Best. 70 Nr. 8221 II |
Dateiname | Aufn-161_Anlage_W_zu_22 (Seite 1).jpg |
Dateigröße | 1.08m |
Größe | 1012 x 1711 |
Verknüpft mit | JÜRGENS, Jürgen *Hinrich |